Kinder an die Macht im Golfclub Oberneuland

Die alljährlichen Golfmitgliedszahlen des DGV zeigen immer wieder ein erschreckendes Bild. Ein nur kleines Netto-Wachstum an Golfspielern (Zugänge abzüglich Abgänge) steht in den Büchern – soweit, so gut. Aber ein anderes Problem ist dabei noch gravierender: Während die „ältere“ Generation zunimmt, sinken die Zahlen der „jüngeren“ Golfspieler.

In diesem Beitrag möchte ich jedoch nicht auf den DGV eindreschen, sondern vielmehr als lobenswertes Beispiel die Geschichte und Maßnahmen vom Golf-Club Oberneuland aus Bremen schildern, der sich seit Ende 2016 konsequent der Kinder- und Jugendarbeit verpflichtet hat. Der Club wird dabei exemplarisch für die vielen anderen Clubs verwendet, die sich in ähnlicher Weise um die Jugend verdient machen.

Zu Beginn: Alles in Schutt und Asche

Aber gehen wir erst mal zurück an den Beginn dieser Geschichte.

Im Jahr 2016 lag auch im Club Oberneuland einiges im Argen. Das Kinder- und Jugendtraining war im Prinzip kaum besetzt, es gab keinen Zusammenhalt innerhalb der Kinder und keine nennenswerte Motivation.

Der Golfclub Oberneuland in Bremen.

Der Golfclub Oberneuland in Bremen.

Als Ende 2016 beim letzten Turnier der Serie „Jugendcup Bremen und Umzu“ alle teilnehmenden Clubs gekürt wurden, die mindestens fünf der 21 Turniere mit jeweils vier Spielern gespielt hatten, war vom Club Oberneuland weit und breit nichts zu sehen. Der Club hatte gerade mal bei drei oder vier Turnieren teilgenommen und auch die Mindestanzahl der Spieler nicht erreicht. Nicht zuletzt, weil auch den Kindern und Eltern gar nicht richtig bewusst war, wie man in die Wertung gelangt.

Die Kinder waren enttäuscht, dass nur die anderen Clubs aufgerufen und geehrt wurden.

Neue Begeisterung muss her

Unter einigen Eltern wuchs der Entschluss, dass sich etwas ändern muss.

Im November 2016 wurde Ricarda Russ kommissarische Jugendwartin und sie hatte den Wunsch, die Kinder neu zu motivieren, zu begeistern und von sich selbst zu überzeugen. Und das war auch wirklich eine ihrer ersten wichtigen Aufgaben: Es muss die Überzeugung wachsen, dass sich Dinge ändern müssen und eine Änderung auch machbar ist. Der Vorstand musste natürlich anfangs auch überzeugt werden, mehr Budget in die Jugend zu investieren. Die Mitgliedschaft kostet für Kinder und Jugendliche bis 21 Jahren nur 100€ im Jahr. Daher muss das Training  zwangsläufig bezuschusst werden.

Zu Beginn wurde neues Sportequipment für den Unterricht erworben und Kinder-Clubshirts angefertigt, die von den Eltern erworben werden konnten. Damit sollten auch bei den Kids ein neues „Wir-Gefühl“ entstehen, in dem sich die Kinder beim Training und bei den Turnieren erkennen können und als Teil einer Gruppe verstehen.

Über den Winter wurde eine Jugendmannschaft eröffnet und die Trainingszeiten ausgedehnt. Der Trainingsstart wurde von April auf Februar vorverlegt und von Oktober auf Ende November verlängert.

Direkt zu Beginn wurden dann auch zwei Sponsoren gefunden, die die Mannschaft mit Trikots ausstatteten: Das lokale Siebdruck-Center und der Bremer Golfballhersteller FOREACE. Das neue Trikotlayout kam super an und immer mehr Kinder wollten sich damit schmücken. Dadurch wurde die Mannschaft auch intern im Club bereits viel besser wahrgenommen.

Elternabend und Saisonstart

Um eine erfolgreiche Saison zu starten, ist es unabdingbar, dass auch die Eltern mit im Boot sitzen und sich engagieren. Direkt im Januar 2017 wurde daher ein Elternabend abgehalten, um eine gemeinsame Richtung festzulegen. So konnten bereits im Januar alle Turniere und Camps besprochen und beworben werden. Auch die nicht-golfenden Familien wurden darüber informiert, welche Unterstützung die Kinder benötigen. Und natürlich wurde hier über viele andere Dinge besprochen: notwendiges Equipment, Eltern die sich bereit erklären zu Turnieren zu fahren, die richtige Verpflegung und vieles mehr. Es ist leicht sich vorzustellen, dass so ein Veränderungsprozess nur im Team und einer klaren Zielsetzung gut funktioniert – und vor allem der Begeisterung aller Beteiligten.

Das erste Ziel für den Jugendcup war schnell gefunden: Erstmal überhaupt in die Wertung kommen. Das hätte sicherlich schon etwas ambitionierter ausfallen können, aber bis vor wenigen Monaten gab es zu dem Zeitpunkt im Prinzip keine existierende Mannschaft. Ab sofort wurde auch der Trainer Andre Schneider zu den Turnieren mitgenommen, um als Support für die Kinder vor Ort zu dienen.

Am ersten Turniertag war der Club direkt mit zehn Kindern vertreten. Dazu wurde direkt Platz 8 erreicht. Insgesamt eine echte Sensation für die aufblühende Mannschaft und ein richtiger Motivationsschub für Kinder, Eltern, Trainer und Jugendwartin.

Up and down

Ab da ging es aufwärts: Sehr schnell wurde der 5. Platz erklommen und im Laufe der Saison sogar bis auf Platz 1 hochgearbeitet. Kurz vor Ende der Turnierserie wurde die Mannschaft doch noch mal überholt und konnte mit einem überwältigenden 2. Platz die Saison beenden.

Neben den Erfolgen in der Saison haben sich auch die Kinder stetig weiterentwickelt und alle konnten ihr Handicap verbessern. Teilweise ging es innerhalb von 5 Monaten von -54 auf -34,5 runter.

Die jüngsten Turnierkinder waren 9 Jahre alt und manche Kids haben bis zu 17 Turniere in der Saison gespielt.

Und natürlich wurde für jedes gespielte Turnier auch ein Bericht an die Zeitungen gegeben, um auf die Jugendleistung aufmerksam zu machen.

Vor der ganzen Motivation, dem Ehrgeiz und dem vielen Training stand jedoch der Spaß an erster Stelle, denn nur im Zusammenspiel kann die Jugendarbeit auch langfristig funktionieren.

Die Jugend wächst

Mit dem Fortschreiten der Saison und einer gestiegenen Pressearbeit, Berichten auf Facebook sowie der Teilnahme an öffentlichen Festen gab es auch zahlreiche Neuzugänge in der jungen Altersklasse zu verzeichnen.

Während es zu Beginn nur fünf spärlich besetzte Gruppen gab, waren es schlussendlich ganze neun volle Gruppen. Und auch heute werden bei Bedarf weitere kleinere Gruppen eingerichtet, um die Qualität des Unterrichts zu erhalten.

Sehr hilfreich war auch, dass einige Schulen dafür begeistert werden konnten, zusammen mit dem Golfclub Oberneuland am Projekt „Abschlag Schule“ teilzunehmen. Dazu wurden auch Projektwochen mit Hilfe der Golfclub-Trainer durchgeführt.

Und aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass ein Heranführen an den Golfsport in der Schulzeit sehr erfolgreich funktionieren kann. Bei mir hat es damals nicht direkt zum Eintritt in einen Club gereicht, aber vermutlich war das die Keimzelle für meine heutige Leidenschaft.

Durch die vielen Neuzugänge, und vor allem dem Credo einen unkomplizierten Einstieg zu ermöglichen, wuchs der Bedarf an Kinderschlägern extrem an. Daher wurde eine Leihschläger-Station ins Leben gerufen, bei denen sich Kinder für wenig Geld mit passenden Schlägern und Bags ausrüsten können. Der Vorteil ist dabei, dass passend zum Wachstum sehr einfach auf die nächstgrößere Schlägerlänge gewechselt werden kann. Das sorgt für effektiveres Training und entlastet dazu auch die Familien.

Aktionen für mehr Zusammenhalt

Einer der wichtigsten Punkte in der Jugendarbeit ist der Zusammenhalt innerhalb der gesamten Gruppe.

Dafür – und natürlich auch zum Trainieren – wurden über das ganze Jahr verschiedene Feriencamps für verschiedene Altersklassen und Qualifikationen durchgeführt. Die Camps wurden mit Begeisterung angenommen und waren durchweg ausgebucht.

Neben Trainingscamps wurden auch andere Ausflüge organisiert. Jugendwartin Ricarda fuhr unter anderem mit einem großen Teil der Jugendlichen zur Porsche European Open nach Hamburg. Hier konnte große Turnierluft geschnuppert werden und die Atmosphäre des Profiturniers hat einfach alle beeindruckt.

Eine weitere große Aktion war der Kidsday im September. Dieses öffentliche Fest im Golfclub richtete sich explizit an Kinder und ihre Familien und wurde über fast sieben Monaten intensiv vorbereitet. Neben vielen Essenständen, u.a. auch von Mitgliedern und Eltern betreut und organisiert, gab es mehrere Mitmach-Stationen auf dem Platz, dazu noch ein buntes Rahmenprogramm mit Trickshow und Tombola. Über 50 Helfer aus dem Club – von jung bis alt – haben tatkräftig angepackt und das Fest zu einem großen Erfolg gemacht. So etwas schweißt die Clubmitglieder zusammen und hat zu guter Letzt auch einiges an Zulauf bewirkt.

Zum Abschluss des Jahres wurde dann noch eine große Backaktion durchgeführt, um den vielen Helfern und Unterstützern mit selbstgebackenen Keksen einfach mal „Danke“ zu sagen.

Kinder als Teil des Clublebens

Der gute Zusammenhalt innerhalb der Altersklasse, die sportlichen Erfolge und die gemeinsamen Aktionen haben dafür gesorgt, dass die Kinder als ernstzunehmender Teil des Clubs integriert wurden.

Und es ist bereits absehbar, dass es auch in Zukunft weiter vorangeht. Nach der Saison 2017 wurde eine 2. Mannschaft und ein Jugendausschuss ins Leben gerufen, um die immer intensivere Jugendarbeit auf mehrere Schultern zu verteilen.

Eine stolze Truppe!

Eine stolze Truppe!

Ich finde es faszinierend zu hören, wie es im Golfclub Oberneuland erreicht wurde, dass die Kinder motiviert ihre Freizeit zusammen verbringen, mit Begeisterung am Clubleben teilnehmen, sich neue Kids schnell integrieren und vor allem viel Unterstützung von den älteren Clubmitgliedern erfahren.

All das geht leider nicht ohne die vielen ehrenamtlichen Helfer, die zum Teil einen beträchtlichen Teil ihrer Freizeit opfern, um die Jugend zu fördern.

2018 – es geht weiter!

Die Jugendarbeit soll auch im Jahr 2018 weiter gefördert werden und im besten Fall auch neue Mannschaftsspieler aus dem Jugendkader gewonnen werden. Die neue Saison mit über 25 Turnieren wird mit großer Vorfreude erwartet und dank weiterer Sponsoren können die Mannschaften hoffentlich auch in Zukunft gut ausgerüstet werden.

Die Kinder und Jugendliche sollen mit dem Golfsport vertraut gemacht und ihre sportliche Entwicklung gefördert werden. Ganz wichtig dabei: Der Spaß muss im Vordergrund stehen.

Dann klappt’s auch mit der Generation der Zukunft.

 

Disclaimer: Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung vom Golfclub Oberneuland.

Leo.Soulgolfer

Seit 2013 dem Golfsport verfallen, ohne Aussicht auf Besserung. :) 85er Baujahr mit Faible für Fotografie, gutem Essen, Reisen... Hauptberuflich im Marketing in der Fotobranche. :)

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2 Antworten

  1. Mario sagt:

    Was für eine schöne Geschichte udn die habe ich mir schon mal abgespeichert. Zum Thema Jugend und Golf möchte ich noch einen weiteren Podcast machen und mit der Geschichte hier einen hast due einen wahren Schatz gehoben. Danke dafür.